100 Jahre Kunststoffe aus Troisdorf
Der Eingeweihte erkennt sie meist schon am Namen: Trolit, Trolon, Tropas oder Trocal signalisieren durch die erste Silbe ihre Herkunft aus Troisdorf. 1905 begann hier in der Rheinisch-Westfälischen-Sprengstoff AG (RWS) – später Dynamit Nobel AG und HT Troplast - mit der Aufnahme der Produktion von Celluloid das Kunststoffzeitalter. Die Geschichte von Kunststoffen aus Troisdorf dokumentiert Matthias Dederichs in seinem Heft „100 Jahre Kunststoffe aus Troisdorf“. Mit vielen Quellenzitaten und reichem Bildmaterial beschreibt er die Geschichte der Kunststoffproduktion und –verarbeitung am Standort Troisdorf. Dabei entsteht weit über das lokale historische Interesse hinaus das exemplarische Bild der industriellen Entwicklung einer Region im Zeichen des Kunststoffs: die Anfänge am Beginn des 20. Jahrhunderts, der Aufschwung mit zahlreichen neuen Werkstoffen in der Zeit zwischen den Weltkriegen, der Wiederaufbau nach 1945 und nicht zuletzt die Zeiten des Booms und die der Krisen bis heute.
Matthias Dederichs, 100 Jahre Kunststoffe aus Troisdorf (Schriftenreihe des Archivs der Stadt Troisdorf, Nr. 23, Dezember 2008), 200 Seiten, Bezug über: Archiv der Stadt Troisdorf, Postfach 1761, 53827 Troisdorf; 12,50 €.
Geschichte der Steinkohlenteerchemie
Steinkohle braucht man doch zum Heizen oder im Stahlwerk? Bei Kunststoff denkt der Laie heute eher an Erdöl als an diesen heimischen Rohstoff. Dabei begann gerade die Geschichte der vollsynthetischen Kunststoffe mit einem Produkt aus Steinkohle: dem Phenol. Mit dem Hitze-Druck-Patent von Henri Baekeland 1907 beginnt der Siegeszug eines ganz neuen Werkstoffs: Phenol-Formaldehyd-Harz, dem Laien bekannter als „Bakelit®“. Die Rütgerswerke hatten ganz entscheidenden Anteil an der Durchsetzung und Verbreitung dieses neuen Materials in Europa. Man hatte sofort das Potential der amerikanischen Erfindung erkannt, verhandelte schnell über Lizenzen und begann schon 1910 mit der Produktion.
Der Band „Geschichte der Steinkohlenteerchemie“ von Gerd Collin schildert ein spannendes Kapitel der Chemie- und Industriegeschichte von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts, das auch angesichts des absehbaren Endes der Steinkohleförderung in Deutschland in Vergessenheit zu geraten droht.
Gerd Collin, Geschichte der Steinkohlenteerchemie am Beispiel der Rütgerswerke (Hamburg – Wien 2009), ISBN 978-3-924562-06-9, 62,50 €.